Chemnitz Nazifrei

Für eine gerechte Zukunft!

Redebeitrag von CopWatch Leipzig am 25.05.21 über strukturellen Rassimus und Gewalt innerhalb der Polizei

Zu unserer Black Lives Matter – Kundgebung haben auch die Menschen vonCopWatch LE einen Redebeitrag gehalten. Wir finden es wichtig und wollen es deswegen noch einmal mit euch teilen:

„Wir von Copwatch Leipzig wollen über den mörderischen und strukturellen Rassismus sowie Polizeigewalt innerhalb der deutschen Polizei zu sprechen und klar machen, warum die Polizei abgeschafft gehört. Das Bild der Polizei als “Freund und Helfer” ist allgegenwärtig – seit über einem Jahrhundert hat sie es gefestigt. Gerne betont die Polizei, wie wichtig sie ist, um uns zu schützen. Wir sagen: das stimmt nicht, und es hat noch nie gestimmt. Das Ausmaß rechter und neonazistischer Umtriebe innerhalb der deutschen Polizei und anderer Sicherheitsbehörden ist riesig. Kaum eine Woche vergeht ohne Meldungen über solche Vorfälle. Diese reichen von Chatgruppen, in denen rassistische und menschenverachtende Inhalte geteilt werden, bis hin zu täglichen Racial Profiling oder sogar zu Morden an oftmals schwarzen Menschen oder People of Colour in Polizeigewahrsam.

Die Institution Polizei ist in den USA aus dem repressiven System der Versklavung entstanden und dient in Deutschland seit Ende des 19. Jahrhunderts zum Schutz der jeweiligen herrschenden Ordnung und deren Interessen. Die Deutsche Polizei steht in direkter geschichtlicher Folge der Gestapo – mit dem Argument des „Fachkräftemangels“ wurden Nazi-Kader nach Kriegsende wieder in den Apparaten der jungen BRD eingesetzt. Nur wenige NS-Täter:innen wurden zur Rechenschaft gezogen, der größte Teil konnte seine Arbeit unbehelligt weitermachen, besetzte Machtpositionen, lebte die gleichen Normen und Wertevorstellungen wie zuvor. Die Polizei entstand, um eine rassistische und kapitalistische Gesellschaft zu stützen. Auch heute schützen die Cops bürgerlich-weiße Interessen und das Kapital, indem sie alle anderen diskriminieren und unterdrücken, Leute aus ihren Wohnungen schmeißen und wohnungslose Menschen verjagen.

Die Polizei schikaniert jeden Tag Schwarze Menschen und people of Colour durch rassistische Kontrollen. Sie schiebt Menschen in den sicheren Tod ab, um die Festung Europa aufrechtzuerhalten. Rassistische Übergriffe, Gewalt und Morde sind nach wie vor an der Tagesordnung. Und die Polizei schaut nicht nur weg, indem sie systematisch rechten Terror ignoriert, sondern sie schaut auch zu und ist teilweise selbst daran beteiligt – Stichwort „NSU 2.0“. Auch in Polizeigewahrsam kommt es immer wieder zu Todesfällen, die nicht aufgeklärt oder sogar vertuscht werden. Von vielen in Gewahrsam zu Tode gekommenen kennt man nicht mal die Namen. Lasst sie uns nicht vergessen. Gedenken wollen wir Oury Jaloh, Hussam Fadl, Amad Ahmad, Matiullah Jabarkhil, Rooble Warsame ,William Tonou-Mbobda, Mohamed Idrissi und Ferhat Mayouf.

Die Verstrickung der Polizei in rechte Netzwerke ist mittlerweile so offensichtlich, dass niemand sie ernsthaft leugnen kann: Wenn also von bedauerlichen Einzelfällen gesprochen wird, ist das der Versuch, das strukturelle Problem zu verdecken: Dass die Polizei schon immer auf dem rechten Auge blind war, dass Diskriminierung ihr nie fremd war und deshalb auch nicht verdächtig vorkommt. Und es ist der Versuch, sich von der eigenen Geschichte, insbesondere den NS-Verbrechen freizusprechen. Gründe für die polizeilichen Übergriffe sind in den seltensten Fällen Überreaktionen einzelner Beamt:innen in konkreten Situationen. Vielmehr ist der Polizeiapparat, dem Befugnisse zur Gewaltanwendung an die Hand gegeben werden, die Bedingung dafür, dass es immer wieder zu Polizeigewalt kommt. Ein anderer Punkt ist die Sicherheit vor Konsequenzen, in der sich die gewalttätigen Beamt:innen wiegen, weil Vorgesetzte, Gerichte und Politiker:innen sich immer wieder schützend vor sie stellen. Sie sagen “Bedauerliche Einzelfälle”, wir sagen “das hat Methode!”

Solange es diese strukturellen Bedingungen gibt, werden immer wieder Menschen misshandelt und ermordet, sodass die einzige Konsequenz die Forderung nach Abschaffung der Institution Polizei sein kann.

Abolish The Police ist eine Forderung, die schon seit dem 18. Jahrhundert ein Teil schwarzer, linker Befreiungskämpfe ist. Sie ist eine Forderung, die sich nur mit gesellschaftlichen Veränderungen vollziehen kann. Kapitalismus und Nationalstaat, als die zu schützende sog. „Sicherheit und Ordnung“ müssen daher ebenso kritisiert und abgeschafft werden, wie wir solidarische Mechanismen im Umgang mit Gewalt und Konflikten in unseren Communities entwickeln müssen.

Wir fordern, dass die Kultur der Straflosigkeit innerhalb der deutschen Polizei ein Ende findet. Alle Todesfälle müssen lückenlos aufgeklärt und die Schuldigen zu Verantwortung gezogen werden. Außerdem fordern wir die Abschaffung sogenannter „verdachtsunabhängiger“ Kontrollen an sog. „gefährlichen Orte“ oder der „Waffenverbotszone“, um öffentliche Räume wieder für alle Menschen zugänglich zu machen. Wir brauchen soziale Sicherheit und soziale Lösungen für gesellschaftliche Probleme statt Überwachung und Schikane.

Euch rufen wir dazu auf, diskriminierendes und sonstiges rechtswidriges Verhalten der Polizei nicht widerspruchslos hinzunehmen. Wenn ihr rassistische Kontrollen beobachtet, interveniert in diese und bietet den betroffenen Personen eure Unterstützung an. Hört ihnen zu und glaubt ihnen. Der Fokus liegt auf den Stimmen von schwarzen Personen und people of colour. Wir stehen solidarisch mit ihnen hier. Wir möchten unsere Meinung nicht als die geltende darstellen, sondern immer die Stimmen Betroffener in den Fokus stellen.

Deswegen fordern wir Soziale Sicherheit, Gerechtigkeit und Solidarität für alle, nicht den Schutz weniger auf Kosten aller anderen.“