Gestern waren wir bei der Podiumsdiskussion vom „Offenen Prozess“: „Erinnern heißt Verändern: Zur Entstehung eines Gedenkortes an die Opfer des NSU“. Wir bedanken uns für diese tolle Veranstaltung und wollen ein paar Gedanken mit euch teilen:
Besonders spannend fanden wir die Beiträge der beiden Vertreter der „Bildungsinitiative Ferhat Unvar“. Die beiden Freunde von Ferhat, welcher am 19. Februar 2020 von einem Neonazi ermordet wurde, haben nach dem rechtsterroristischen Anschlag in Hanau ein besonderes Gedenken an ihn gefunden: Gemeinsam mit der Mutter von Ferhat Unvar gründeten sie eine Bildungsinitiative. Sie gehen an Schulen und machen antirassistische Bildungsarbeit, haben Workshops entwickelt und sind Anlaufstelle für Betroffene. Wir haben sehr viel Respekt vor dieser Initiative. Ein Jahr nach der Gründung eröffnen sie noch diesen Monat eigene Räumlichkeiten. Wir finden es inspirierend zu sehen wie diese Initiative es schafft einen Anlaufort zu realisieren und wir wünschen ihnen damit viel Erfolg und immer nur das Beste.
Ulf Kallscheidt vertrat die Kulturhauptstadt 2025 auf dem Podium. Auch wenn er wenig mit inhaltlich guten Beiträgen auffiel, wollen wir eine Aussage festhalten: Er versprach auf dem Podium, dass bis 2025 ein Gedenkort für die Opfer des NSU auch in Chemnitz gefunden wird. Nun sind wir gespannt wer die Kosten trägt. Ulf Aminde, der als Künstler den Entwurf für das Keupstraßenmahl „Herkesin Meydanı — Platz für Alle“ erarbeitet hat, fordert dafür weit über 50.000€ locker zu machen. So sollte es nun darum gehen diesen Prozess anzustoßen. Chemnitz ist die letzte Stadt mit NSU-Bezug, welche keinen Gedenkort und kein Mahnmal hat. Hannah Zimmermann vom Offenen Prozess hat dies gut zusammengefasst: Wir können lernen! Im gesamten Bundesgebiet sind viele Fehler beim Gedenken passiert – wir können es jetzt besser machen.
Wir haben jetzt den Auftrag den Prozess anzugehen: Die Angehörigen der Opfer anzuhören, auf ihre Wünsche und Forderungen einzugehen, Betroffene in den Prozess einbinden und das Gedenken ernst nehmen. Außerdem müssen wir einen Ort in der Stadt finden, an dem wir die Taten mahnen und an die Opfer erinnern. Wir freuen uns, dass wahrscheinlich ein Dokumentationszentrum zum NSU in Chemnitz entsteht und finden es gut, wenn die Ausstellung des „Offenen Prozesses“ über die Betroffenen des NSU ab 2025 in den Räumen der Kulturhauptstadt gezeigt werden kann. Dies ersetzt aber keinen Gedenkort! Außerdem brauchen wir Begegnungstätten! Wir wünschen uns im Zuge der Kulturhauptstadt offene Räume, welche vor allem auch von migrantischen Communitys genutzt werden können. Die Zivilgesellschaft ist in Chemnitz nämlich da, aber so könnte sie auch von der Stadt unterstützt werden.