Heute, vor 76 Jahren, in der Nacht vom 05. Auf den 06. März 1945, wurde Chemnitz von den
Alliierten aus taktischen Gründen bombardiert. Es verloren 2.105 Menschen ihr Leben und 75 % der
Stadtfläche wurden in Schutt und Asche gelegt.
Seit Jahren nutzen rechte Akteur:innen diesen Tag, um mit dem bloßen Gedenken an deutsche Opfer
von der Mittäterschaft der deutschen Zivilgesellschaft abzulenken. Auch in Chemnitz kamen in den
frühen 00er Jahren solche geschichtsrevisionistische Demos in Mode. Mit Anmeldungen der Jungen
Nationalisten oder des heutigen Stadtrates Martin Kohlmann zogen tausende Rechte durch die Stadt.
Hier Chemnitz als unschuldige Stadt und die Angriffe als "Bomben-Terror" oder gar Kriegsverbrechen
darzustellen, ist fern ab jeder Realität. Chemnitz war eine strategisch wichtige Industrie-Stadt, die,
ebenso wie viele andere Städte, blind dem Nazi-Regime gefolgt ist. Als Reaktion auf diese Aktionen
führte die Stadt den "Friedenstag" ein, der jedoch auch kritisch zu betrachten ist. So funktioniert er
als Aktionstag für den Frieden zwar nicht schlecht, allerdings wird auch hier ziemlich unkritisch auf
das Verhalten der zivilen Bevölkerung der damaligen Zeit geschaut.
Als Gegenentwurf zum Friedenstag gab es recht schnell antifaschistische Interventionen. Die ersten,
eher kleineren und unorganisierten Aktionen gingen hierbei vom Offenen Antifaschistichen Plenum
aus. Um hier eine bessere Struktur zur etablieren folgte 2009 die Gründung des "Bündnis Chemnitz
Nazifrei" durch einzelnen Gruppen, Parteien und Gewerkschaften. Dadurch entstanden in den
darauffolgenden Jahren größere Demonstrationen mit Anreisen aus ganz Deutschland. Nach ersten
gewaltsamen Auseinandersetzungen in den frühen 10er Jahren folgten recht schnell auch
erfolgreiche Blockaden wie in 2014. Diesem eher offensiven Widerspruch ist es zu verdanken, dass
die rechten Demonstrationen erst stetig kleiner wurden und mittlerweile kaum noch existent sind. In
den letzten Jahren beschränkten sich die rechten Aktivitäten am 05. März auf Kundgebungen sowie
das Niederlegen eines Kranzes. Im Jahr 2021 sind bis zum Fertigstellen des Textes keine echten
Aktionen zu erkennen. Im Gegensatz dazu wurden von anderen Gruppen die Aktivitäten nicht
eingestellt. Der Friedenstag existiert bis heute und auch das Bündnis Chemnitz Nazifrei zeigt sich
wiederholt an diesem Tag. Ob durch die Täterspurenrundgänge, bei denen die Geschichte der
Chemnitzer Täter:innen aufegarbeitet wird, oder auch bei der "Orange is the new Block" Demo 2019,
als das Thema Seenotrettung in den Vordergrund gestellt wurde.
Der 05. März ist jedes Jahr ein spannender Tag in Chemnitz. In den heutigen Pandemie-Zeiten ist
zwar nur geringfügiges Gedenken und Protestieren möglich, doch es ist wichtig, dieses nicht in
Vergessenheit geraten zu lassen. Chemnitz' Bombardierung trifft uns, doch wir sollten uns stets
daran erinnern, wie es dazu kommen sollte.